Bei den Tarotkarten handelt es sich um ein uraltes Kartenspiel, dessen Herkunft im Dunkeln liegt (näheres hierzu finden Sie im Teil „Geschichte“) Auch gänzlich unbekannt ist die Herkunft des Wortes „Tarot“. So glaubten bereits frühere Tarotforscher in dem hebräischen Wort „Thora“ („das Gesetz“) eine Entsprechung zu sehen. Andere wiederum vermuteten den Ursprung in dem lateinischen Wort „Rota“, was soviel wie Rad, Wagen (im Sinne von „Rad des Schicksals“ beziehungsweise „Kreislauf der Wiedergeburten“) bedeutet. Andere hingegen meinten, dass im europäischen Wort „Taro“ den Namen der tibetischen Gottheit „Tara“ oder der ägyptischen Göttin „Ator“ zu finden. Was die Herkunft anbelangt, vermuteten einige Tarotkundige den Ursprung der Karten im alten Ägypten (wobei die Zigeuner als Überbringer des Tarots fungierten haben sollen) oder in Atlantis. Beweise hierfür gibt es keine. Das gibt Anlaß zur Vermutung, dass das Wissen über  Tarot- und Spielkarten einst nur in geheimen Zirkeln weitergegeben wurde und erst während der italienischen Renaissance an die Öffentlichkeit gelangt – im Gegensatz zur Astrologie, die seit etwa 5000 Jahren für die Bevölkerung der Öffentlichkeit zugänglich ist.

So ist der nachprüfbare Ursprung des Tarots also entsprechend kurz und unspektakulär. Erst später  entstand eine Reihe von unterschiedlichen Kartenmotiven und im 20. Jahrhundert erlebte der Tarot eine Renaissance. Mit den Anhängern des Tarots stieg natürlich auch die Anzahl der Kritiker, einige sehen sich heute noch veranlasst, „Aufklärung“ zu betreiben oder fordern gar den Verbot der Karten – so viel zu anderer geistigen Freiheit heute. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, wie Tarot überhaupt funktioniert und wie man Kritikern begegnen kann. Eines vorweg: Ich habe nicht die Absicht, Skeptiker zu überzeugen. Jeder muss selbst wissen, welche Bedeutung er diesen Dingen beimessen möchte. Ich wehre mich jedoch entschieden dagegen, mich für verrückt erklären zu lassen, nur weil die moderne Wissenschaft keine Erklärung für die Funktion des Tarots hat. Dabei sind wir gleich bei einer Frage, die oft gestellt wird:

Wie „funktioniert“ eigentlich Tarot bzw. das Kartenlegen?

Themen wie das Kartenlegen und die Astrologie sind umstritten. Teilweise zu Unrecht, teilweise aber auch zu Recht – denn die Medien führen uns täglich vor, für was die Arbeit mit Kartenorakeln oder Horoskopen nicht wirklich steht und wie der Umgang damit nicht aussehen sollte. Leider geben uns die Medien auch kaum eine Chance, Aufklärungsarbeit zu leisten. Berichtet wird grundsätzlich nur über schwarze Schafe, die augenscheinlich ein gefundenes Fressen für die Gegner unserer Zunft sind.

Natürlich ist Kritik  nicht immer ungerechtfertigt. Es ist nicht zu leugnen, dass die Angebote im Bereich der Lebenshilfe mitunter merkwürdige Blüten treiben – wie bei allen Dienstleistungen, für die es keine offizielle staatliche Anerkennung gibt. Auch bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass nicht nur Glücksspiele süchtig machen können. Auch billige oder teure Glücksversprechen, bei denen der Ratsuchende jegliche Verantwortung über sein Leben und über seine Entscheidungen abgibt, können zu Abhängigkeit führen. Doch weder das ursprüngliche Kartenlegen und dessen archetypische Symbolik noch altertümliche Astrologie, die früher an den Universitäten gelehrt wurde, hatten mit dieser Art von Wahrsagerei etwas gemein.

Möchte man die Karten um eine Angelegenheit befragen oder das Horoskop analysieren, dann muss man davon ausgehen, dass uns weder die Karten noch die Himmelskörper ein unabänderliches Schicksal anzeigen. Es geht nicht darum, zwischen Hoffen und Bangen eine „gute“ Prognose oder Aussage zu erwarten. Jedoch helfen uns die Karten und das Horoskop, Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und ermuntern uns, eigene Entscheidungen zu treffen. Kritiker halten dagegen, dass die „Wirksamkeit“ des Kartenlegens und der Astrologie nicht wissenschaftlich belegt sind. Das ist richtig, jedoch sollte man dabei beachten, dass

  • die Wissenschaft grundsätzlich ein Kenntnisstand ist, der morgen schon wieder überholt sein kann (und das häufig auch ist)
  • die moderne Wissenschaft auf Wiederholbarkeit und Statistik fußt und auf dieser Basis nicht nur die Tarot und die Astrologie nicht nachgewiesen werden können, sondern auch Themen wie die Psychologie
  • die Wissenschaft ursprünglich „Wissen schaffte“, also Unerklärliches untersuchte, doch sie sich  heutzutag leider umgekehrt verhält, indem sie alles, wofür sie keine Erklärung findet, für unmöglich betrachtet und dadurch dogmatisch geworden ist.

„Wie oben so unten“

Der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung (1875 – 1961) war es, der nicht nur die Lehre von den Archetypen („Urbilder“ des Menschen, die unabhängig von Kultur, Alter und Geschlecht im kollektiven Unbewussten verankert sind) schuf, sondern auch die Theorie von der „Sychronizität“ vertrat, die für die Funktionsweise des Kartenlegens relevant ist. So bedeutet „Synchronizität“, dass jede Sekunde und jeder Augenblick eine bestimmte Qualität besitzt und dies sich auf verschiedenen Ebenen widerspiegelt, unter anderem auch beim Kartenlegen. Dies heißt konkret: Der Moment, in dem wir die Karten zu einem bestimmten Thema befragten, beinhaltet offensichtlich eine Qualiät, die synchron zu unserer Fragestellung ist. So ist auch zu verstehen, dass sich unser Anliegen in den Karten widerspiegelt und dabei die Lösungen, die in unserem  Unterbewusstsein schlummern, offengelegt werden, während dabei gleichzeitig die Grenzen zwischen Zeit und Raum aufgehoben werden. Aus dieser Perspektive gesehen ist also nicht der so genannte „Zufall“ dafür verantwortlich, wenn wir exakt am Tage X die Karten zum Thema Y befragen.

Die Erkenntnis, dass der Faktor Zeit eine Qualität besitzt, ist übrigens nicht neu. Frühere hochentwickelte Kulturen wie beispielsweise die Maya begriffen die Zeit anders als wir heute: Sie bewerteten sie nicht linear durch die Einteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, auch interessierte sie sich nicht die Kausalität, der das Prinzip von Ursache und Wirkung zugrunde liegt, sondern sie gingen ebenfalls davon aus, dass es eine Ordnung zwischen Zeit und Ereignis gibt.

Diese Theorie liefert übrigens auch eine Erklärung dafür, weshalb die erste Kartenlegung zu einer bestimmten Frage auch meist die aussagekräftigste ist und weshalb bei mehreren Legungen zu einer Angelegenheit die Aussagen der Karten mehr und mehr schwammig und ungenau werden. Nicht Geister sind hier am Werk, wie früher Kartenleger glaubten, sondern schlichtweg unser Unbewusstsein spielt uns diesen vermeintlichen Streich, denn gleichzeitig ist zu beobachten, dass der  Zeitradius beim wiederholten Fragen zum gleichen Thema immer enger zu werden scheint, was zur Folge hat, dass sich letztendlich nur die die gegenwärtigen Wünsche oder Ängste in den Karten spiegeln. Dieser Effekt tritt übrigens nicht nur dann ein, wenn man sich selbst zu oft die Karten legt, sondern auch, wenn man verschiedene Kartenleger häufig zum gleichen Thema konsultiert.

Die Geschichte des Tarots

Viele Mythen und Anekdoten ranken um die Herkunft des Tarots, dabei ist das, was wir über Tarot tatsächlich wissen, verblüffend kurz und wenig. Schriftlich festgehalten wurde der Tarot – hier war meist von „Kartenspielen“ die Rede – erstmals im 15. Jahrhundert, und zwar in Form von Verboten, die die Kirche verhängt hatte. So soll im Jahre 1344 in Florenz ein Kartenspiel namens „Naibbe“ verboten worden sein – dieser Name hat sich übrigens bis heute im Spanischen erhalten, wo er für Spielkarten steht. Es dürfte sich hier um die gleichen Karten handeln, von denen der italienische Autor Covelluzzo 1379 feststellte, dass sie „aus dem Land der Sarazenen kommen“. Diese Karten hatten einen ähnlichen Namen – sie hießen „Naih“. Aus dem Jahre 1337 soll es noch Klosterstatuten geben, die die Verbote verschiedener Glücksspiele aufgezeichnet haben, eines davon hieß „Paginal“.

Innerhalb des Klerus soll es aber auch Menschen gegeben haben, die eine Ausnahme bildeten: So soll der Dominikanermönch John von Brefeld („Bruder Johannes“) um 1374 festgestellt haben, dass die Karten nichts Geringeres als den Zustand der Welt wiedergeben. Er sollte nicht der Letzte gewesen sein, der diese These vertrat. Viele hochgebildete Menschen in den darauffolgenden Jahrhunderten kamen zu der Auffassung, dass der Tarot mehr war als nur ein Kartenspiel. Einige wollten in ihm eine Zusammenfassung des ägyptischen „Buch Toth“ entdeckt haben, andere vermuteten im Tarot ein komprimiertes Wissen persischer Eingeweihter. Doch auch wenn die Vermutungen hinsichtlich der Herkunft des Tarots unterschiedlich waren, in einem Punkt waren sich alle Tarotgelehrten einig: Der Tarot spiegelt eine gewisse Ordnung und Archetypen wieder, die unabhängig von Kultur und Bildung für alle Menschen gültig sind. Letztmals fand das Hajo Banzhaf heraus, der diese These in seinem Buch „Tarot und der Lebensweg des Menschen“ (vormals „Tarot und die Reise des Helden“) sehr anschaulich darstellte. Das lässt auch vermuten, dass der Tarot in Wirklichkeit schon viel älter und nicht erst eine Erfindung des Mittelalters ist. Dafür spricht beispielsweise auch die frappierende Ähnlichkeit mit den Archetypen des Maya-Kalenders.

Die ersten Tarotkarten

Doch zurück zur Herkunft des Tarots. Eines der ersten Tarotdecks, das überliefert wurde, entstand im 15. Jahrhundert in Mailand. Es handelt sich hier um das „Visconti Sforza“-Tarot, das für die gleichnamigen Herzogtümer eigens entworfen wurde. Als Maler wird Bonifazio Bembo (1420 – ca. 1477) angenommen. Aus überlieferten Schriftstücke und Briefen geht hervor, dass  Bembo nicht nur als Hofmaler bei den beiden Adelshäusern Visconti und Sforza tätig war, sondern  auch mit der Tochter des Herzogs Filippo Visconti – Maria Bianca –  eng befreundet war. Außerdem wird spekuliert, dass er einer esoterischen Loge bzw. Geheimbund angehörte, was allerdings nicht sicher belegt ist. Vermutet wird auch, dass es sich bei den auf den Karten abgebildeten Personen um die Familienmitglieder des Herzogtums handelt. So soll es sich bei der Karte VI „Die Liebenden“ um den Herzog Francesco Sforza mit seiner Frau Bianca Maria handeln, während auf VII „Der Wagen“ Bianca Maria zu sehen ist. Einige der Bube- bzw. Ritterkarten sollen Kinder des Paares zeigen.

 Auch wenn man nicht genau weiß, wann die Karten genau entstanden sind, ist sicher, dass sie auch einige Wappen und heraldischen Symbole der beiden Herzogtümer enthalten: Es handelt sich hier beispielsweise um eine Taube, von der gerade Linien strahlenförmig ausgehen (auf der Karte König der Stäbe), einer Herzogkrone mit Zweig (auf den Karten Kaiserin, Kaiser und Ritter der Kelche – als Muster auf den Gewändern der Personen), einer Sonne mit geraden oder wellenförmigen Strahlen (auf verschiedenen Karten sowie auf den Münzen) sowie einem schwarzen Adler (es dürfte kein Zufall sein, dass dieser auf den beiden Karten „Kaiser“  und „Kaiserin“ auffallend zu sehen sind). Auch ist anzunehmen, dass sich das Wort „Trümpfe“ (eine weitere Bezeichnung für die 22 hohen Arkana) aus dem italienischen „I Trionfi“ ableitet. Vermutlich wurden die Motive der hohen Arkana den Triumphzügen, die man an Fürstenhäusern in Mailand gerne aufführen ließ,nachempfunden.

 Lange wurde angenommen, dass es sich beim Visconti-Sforza-Tarot um das älteste Tarot überhaupt handelte. Doch etwa im Jahre 2000 tauchte dann plötzlich – auch wieder in Mailand –  ein weiteres Tarotdeck auf, das diese Vermutung revidierte: Das „Sola Busca“-Tarot stammt ebenso aus der italienischen Renaissance-Zeit und dürfte in Venetien entstanden sein – so das Ergebnis ikonographischer Studien. Das Deck befindet sich bereits seit Generationen im Privatbesitz der Familie Sola Busca und ist noch vollständig erhalten.

Diese Karten sind deshalb von Bedeutung, weil sie Anlass zu Vermutung geben, dass Sie bereits dem berühmten Tarotkenner Arthur Edward Waite (1857 – 1942) bekannt waren, denn sein legendäres Kartendeck ähnelt teilweise sehr stark diesen alten Karten.

Eigentlich endet hier auch bereits die Geschichte über die Herkunft des Tarots. So kann man feststellen, dass der nachprüfbare Ursprung des Tarots also ziemlich kurz und unspektakulär ist. Im 16. Jahrhundert entstand das  „Tarot de Marseille“, das heute noch von Bedeutung ist und mittlerweile in zahlreichen verschiedenen Auflagen erscheint. Wie sein Name schon verrät, kommt es aus Frankreich.

 Unklar ist immer noch, ob der Tarot in dieser Zeit als reines Unterhaltungsspiel fungierte oder bereits als Orakel verwendet wurde. Erst ab Mitte des 18. Jahrhundert tauchten einige Gelehrte auf, die sich näher mit dem Tarot beschäftigten und mit ihrem Forschungen viel zum heutigen Tarotwissen beigetragen haben. Einige davon sollen hier erwähnt werden:

II. Tarot-Gelehrte im 18. und 19. Jahrhundert

Gébelin, der „Vater des esoterischen Tarots“

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Antoine Court de Gébelin war Freimauerer und Mystiker, der als „Vater des esoterischen Tarots“ betrachtet wird. Gébelin beschäftigte sich sein Leben lang mit Mythologie, Linguistik und Hieroglyphen und vermutete Ursprung der Karten in Ägypten. Er betrachtete den Tarot als eine Zusammenfassung der ägyptischen Lehren, die auch im „Buch Toth“ niedergeschrieben sind. Seiner Anschauung nach sollen die Zigeuner als Überbringer der Karten fungiert haben. Dieser Auffassung schlossen sich andere Tarot-Gelehrte, wie beispielsweise Eteilla und Christian, an. Die Arbeit von Gébelin wurde in den neun Bänden mit dem Titel „Le Monde Primitif, analysé et comparé avec le monde moderne“ veröffentlicht.

„Le Grand Eteilla“ (1738 – 1791) war Begründer der ersten Deutungsregeln

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Eteilla wurde während seiner Zeit auch „Le Grand Eteilla“ genannt, der während der Französischen Revolution als berühmter Kartenleger unterwegs gewesen sein soll. Er schuf und publizierte sein eigenes Tarotdeck („Eteilla Tarot“). Neu war, dass der die Karten fortlaufend nummerierte (die kleinen Arkana beginnenalso mit der Zahl 22)  und die einzelnen Karten mit Deutungshilfen versah. Eteilla war Anhänger der Lehren von Gébelin und vertrat dessen Standpunkt von der ägyptischen Herkunft des Tarots. Eteilla hieß mit richtigem Namen „Alliette“, drehte aber die Buchstaben seines Namens  – wie angenommen wird aus numerischen Gründen –  um.

Eliphas Levi (1810-1875) – Schöpfer des Begriffs„Esoterik“

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Sein Name war das Pseudonym für Alphonse Louis Constant Eliphas. Levi war als katholischer Priester, später auch als Lehrer und Schriftsteller tätig. Auch er war Anhänger von Gébelin; er verband die Karten erstmals vollständig mit der jüdischen Kabbala und dem Baum des Lebens. Da das hebräische Alphabet 22 Buchstaben und der Tarot 22 hohe Arkana umfasst, sah er darin den Ursprung der Karten.

Lévi war es auch, der das Wort „Esoterik“ wieder aufgriff und verbreitete. Des Weiteren sah er im Tarot  einen Schlüssel zu allem hermetischen Wissen. Seine Meinung, dass nur diejenigen, die die wahre Reihenfolge der Trumpfkarten kennen, auch den wahren Sinn des Tarots begreifen, löste teilweisen Disput unter Esoterikern aus. Auch war er es, der die Karte Narr zwischen die Trümpfe XX (Gericht) und XXI (Welt) platzierte. Er vertrat eine sehr hohe Meinung vom Tarot. So schrieb er: <i>„Als Buch kabbalistischer Gelehrsamkeit, das in seinem vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten die uranfänglich gegebenen Harmonien zwischen Zeichen, Buchstaben und Zahlen enthüllt, besitzt der Tarot vor allem und in erster Linie einen praktischen Wert. Hätte ein Gefangener ohne Bücher nur den Tarot und wüsste er diesen entsprechend zu gebrauchen, so könnte er in wenigen Jahren eine universale Wissenschaft begreifen und mit unerschöpflicher Beredsamkeit eine einzigartige Lehre darlegen.“ (aus: „Schlüssel zur ewigen Weisheit des Tarots“ von Paul Foster Case).

Levis Intention war, den Tarot in seiner „ursprünglichen esoterischen Reinheit“ wieder herzustellen.  Er schrieb nicht wenig Werke, wie beispielsweise „Dogme de la Haute Magie“, „Rituel de la Haute Magie“, „Histoire de la Magie“, „Le Chef des Grandes Mystères ».  Er kam jedoch nicht mehr dazu, einen Tarot nach seinem kabbalistischem System zu veröffentlichen. Erst seine Anhänger Papus und Wirth veröffentlichten 1889 einen Tarot nach seinem entdeckten System.

Paul Christian (1811-1877)  etablierte die Bezeichnung „Arcanum“

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„Paul Christian“ war das Pseudonym für den französischen Historiker und Journalisten Jean-Baptiste Pitois. Auch er baute auf Lèvis Theorie und gab wichtige Impulse in der Forschung und Entwicklung des Tarots. So soll er viele Bücher und okkulte Schriften studiert haben, die bei der Schließung französischer Klöster beschlagnahmt worden waren. Sein Werk „L’homme rouge des Tuileries“ wurde 1863 veröffentlicht und handelt von kabbalistischer Astrologie. „Histoire de la Magie“ wurde sieben Jahre später publiziert und beschreibt ägyptischen Zeremonien, die sich in 78 Stufen aufteilen und somit eine Analogie zum Tarot bilden. Paul Christian war es, der die auch noch heute verwendete Bezeichnung „Arcanum“ (Geheimnis) einführte.

Papus (1865-1917) und die Entwicklung des esoterischen Tarots

Papus

Der Name „Papus“ war das Pseudonym für den französischen Arzt und Physiker Gerard Encausse. Er war auch der Mitbegründer des freimauerischen Ordens der Martinisten sowie des kabbalistischen Ordens der Rosenkreuzer.  Durch seine Auseinandersetzung mit der Kabbala, Alchemie und Magie war er an der Entwicklung des eosterischen Tarots beteiligt. Papus hatte eine etwas anderen Hypothese vom Ursprung des Tarots, denn er vermutete ihn im legendären und geheimnisvollen Atlantis, wobei die Weiterentwicklung in Ägypten stattgefunden haben soll. Auch er vermutete als Überbringer der Karten nach Europa die Zigeuner. Für Papus war das hebräische Wort Iod-He-Vau-He (JHVH – die vier heiligen Buchstaben des göttlichen Namens Jehova) „der Schlüssel zu allen göttlichen und menschlichen Wissenschaften“. Demzufolge fand er hierfür eine Entsprechung zum Tarot und entwarf so ein recht komplexes Tarotsystem, das er in seinem Buch „Tarot der Zigeuner“ vorstellte.

III. Tarot im 20. Jahrhundert

Im Laufe des 20. Jahrhunderts erreichte der Tarot weltweite Bekanntheit. Ausschlaggebend  hierfür war der  „Hermetic Order of the Golden Dawn“ („Hermetischer Orden der Goldenen Dämmerung“), der 1888  in England von William Robert Woodman, William Wynn Wescott und Samuel Liddell MacGregor Mathers gegründet wurde und der Nachfolger des Rosenkreuzer Ordens war. Der Orden entwickelte ein eigenes Tarotdeck  („Tarot of the Golden Dawn“), das bis heute erhältlich ist. Es heißt, dass dieses Deck ursprünglich in Schwarzweiß aufgelegt wurde, diese Behauptung ist aber nicht gesichert. Die Lehren des Golden Dawn sind bis heute in dem vierbändigen Werk „Das magische System des Golden Dawn“ von Israel Regardie nachzulesen. Nicht nur inVerbindung mit dem Golden Dawn Orden möchte ich einige Personen nennen, die als wichtige und maßgebliche Tarotgelehrte in die Geschichte eingingen:

Aleister Crowley (1875-1947) – das Enfant Terrible

 Er hieß mit bürgerlichen Namen Edward Alexander Crowley, nannte sich selbst „Das Tier“ und betrachtete sich als Inkarnation von Lévi, da er am Tag vor Lévis Tod geboren wurde. Crowley wirkte ab 1898 im Golden Dawn Orden mit. Heute noch als Satanist bezeichnet, war er doch auch nur spirituell Suchender und unterschrieb seine Briefe an Lady Harris mit  („Liebe ist das Gesetz, der Wille kommt nach der Liebe.“) Da er ein Mann war, der andere Menschen sehr gut polarisieren konnte, führte dies letztendlich zu einer Spaltung des Ordens. Gegner von Crowley waren der irische Dichter und Nobelpreisträger William Butler Yeats (1865-1939), der Crowley für einen „Verrückten“ hielt und ihm deshalb die Initiation in den inneren Orden verweigerte. Ein weiterer Gegner war auch Arthur Edward Waite, der ständig Crowleys Attacken ausgesetzt gewesen sein soll. Folge der Spaltung – und in gewisser Hinsicht „The Law is Love, Will under Love”auch ein Vorteil – war, dass jede Gruppe ihr eigenes Tarotdeck entwarf.

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Etwa im Jahr 1938 wurde Lady Frieda Harris im „Ordo Templi Orientis“ (O.T.O) aufgenommen und arbeitete mit Crowley zusammen. Frieda Harris malte unter der Anleitung Crowleys zwischen 1939 und 1944 den „Thoth Tarot“. Im Jahre 1941 erschien Crowley’s „Buch  Toth“ dazu. Angeblich soll Lady Harris den Tarot nie richtig gekannt und beherrscht haben, was sie unumwunden zugegeben haben soll. Dies aber tat der Lebenskraft in ihren gemalten Karten keinen Abbruch. So schrieb sie an Crowley: “Warum habe ich nur kein lebendiges Feuer, das diese Schönheiten musikalisch illustrieren könnte. Mit Farbe allein kann ich es nicht schaffen. Wessen ich bedarf, sind nicht Farbkreide, sondern Poesie und Musik und Licht“ (aus: Vorwort aus dem „Buch Thoth“ von Aleister Crowley). Vermutlich auf Crowleys Wunsch hin begann Frieda Harris, sich in die Werke von Rudolph Steiner einzulesen und sich mit dem I Ging – Crowley’s damaligen Lieblingsorakel – zu beschäftigen (mehr über das I Ging erfahren Sie hier auf Tarot-Germany: <a href=“http://www.tarot-germany.com/?cat=17″>Chinesische Symbole</a>).

Die Veröffentlichung der Karten, die zeitlich mit dem zweiten Weltkrieg zusammenfiel, brachte einige Probleme mit sich. So war das Papier streng rationiert und Crowley ständig knapp bei Kasse. Hinzu kam Crowley’s zweifelhafter Ruf, der auch Lady Harris beunruhigte und zu Spannungen zwischen den beiden führte. Dies soll zu Lady Harris’ Entscheidung geführt haben, die Gemälde unter ihren eigenen Namen auszustellen und Crowley dabei unerwähnt zu lassen. Des weiteren schrieb sie an Crowley, dass sie damit beschäftigt war, <i>„den Verdacht zu zerstreuen, dass Sie, Aleister Crowley, entweder versuchen, die Öffentlichkeit auf den Arm zu nehmen oder sie mit einer neuen gefährlichen Weltanschauung zu vergiften“</i> (aus: Vorwort aus dem „Buch Thoth“ von Aleister Crowley).  Frieda Harris scheute keine Mühe und Anstrengung, die Karten bekannt zu machen. So war es vermutlich auch Ihrem Engagement zu verdanken, dass 1944  die Veröffentlichung des Buchs Toth durch den O.T.O mit einer limitierten Auflage von 200 Stück gelang. Es erschien unter Crowley’s Pseudonym „The Master Therion“, doch das Kartendeck sollte zunächst unveröffentlicht bleiben.

Crowely starb 1947 in Hastings/England. Lady Frieda Harris war bei ihm und telegrafierte die Nachricht an O.T.O, mit dem sie auch ihre Arbeit nach Crowleys Tod fortsetzte. Pläne für die Veröffentlichung der Karten scheiterten jedoch zunächst. Erst 1969, nach ihrem Tod (1962), veröffentlichte der O.T.O. mit Hilfe des Verlagshaus Llewellyn Puplications eine vollständige Farbausgabe der Karten. 1977 erschien bei Samuel Weiser Inc. sowie U.S. Games Inc. eine qualitativ höherwertige Ausgabe. 1987 publizierte schließlich der Urania Verlag (mit Hilfe der AGMüller) die Karten so wie wir sie in der heutigen Form und Qualität kennen.

Die Karten von Aleister Crowley sind heute eine der meist verwendeten Kartendecks. Einige der hohen Arkana wurden von ihm unbenannt: So wurde aus der „Kraft“ die „Lust“, aus der „Mäßigkeit“ die „Kunst“, aus dem „Gericht“ das „Äon“  usw. Mit diesen Interpretationen wollte er seinen Lehren, die u.a. aus Sexualmagie und Yoga bestanden, Ausdruck verleihen. Sein Wunsch war es, dass die Karten „als magischer Atlas und Führer des Universums für das neue Zeitalter, das neue Aeon Horus, dienen“. Er schrieb außerdem: „Für mich ist dieses Werk über das Tarot eine Enyzklopädie der gesamten ernst zunehmenden okkulten Philosophie. Es ist ein Nachschlagwerk, das die gesamten mystischen und magischen Gedankengänge der nächsten 2000 Jahre mitbestimmen wird.“ Ob sein Werk die nächsten 2000 Jahre mitbestimmen wird, wissen wir nicht, aber Tatsache ist, dass es die heutige Tarotwelt nachhaltig geprägt hat. <a href=“http://www.tarot-germany.com/?p=1736″>Hier gibt es mehr über Lady Frieda Harris</a>.

Arthur Edward Waite (1857-1942) – Schöpfer des legendären „Rider-Waite-Tarots“

Arthur E. Waite ist Schöpfer des beliebten Rider-Waite-Karten – der bis heute populärste Tarot. Waite war amerikanischer esoterischer Schriftsteller, der in England lebte. Vor seiner Tätigkeit beim Golden Dawn Orden war Waite in der Theosophischen Gesellschaft tätig, wo er gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Werke von Papus und Lévi übersetzte. Diese Tätigkeit veranlasste ihn auch, sich näher mit dem Tarot zu beschäftigen und sich dem Golden Dawn Orden anzuschließen.

Nach der Spaltung des Ordens übernahm Waite 1903 die Leitung des Londoner Tempels. Waite nahm auch ein paar Änderungen vor: So tauschte er den Namen des Ordens „Hermetic“ in „Holy“. Einige Tarotautoren glauben heute, dass er sich ausdrücklich von der ägyptischen Herkunft des Tarots distanzierte (z.B. Belinda Rodik), andere hingegen bringen sein Kartendeck  mit ägyptischer Weisheit in Verbindung (Berthold Röth). Dann gibt es wiederum die Feststellung, Waite sei sich selber nicht schlüssig gewesen bzw. hätte seine Meinung oft geändert (Eckart Graf). Tatsache ist, dass Waite Parallelen zur Alchemie und zur Kabbala bildete und die Nummerierung der hohen Arkana mit der Reihenfolge des hebräischen Alphabets in Verbindung setzte. Er entwickelte die Ideen von Eliphas Lévi weiter, indem er die Herangehensweise auch noch mit den Pfaden auf dem kabbalistischen Lebensbaum in Verbindung setzte. Die von Israel Regardie 1935 veröffentlichten Bände mit dem Wissen des Golden-Dawns soll von Waite stark kritisiert haben; allerdings sollte man wissen, dass Regardie der Sekretär von Crowley war.

Sein legendäres Deck erschien 1910 im Londoner Verlag William Rider &amp; Son – der Name des Verlegers ist es auch, der den Namen des Kartendecks bis heute prägte. Gemalt wurden die Karten von Pamela Colman Smith (1878-1951). In der Darstellung orientierte sich Waite an sein Wissen als Mystiker und bekennender Katholik. Auch hielt er sich an der klassischen Symbolik – bis auf einige Ausnahmen, die jedoch wiederum gewichtig sind: So vertauschte die Karten VIII (Gerechtigkeit) und XI (Kraft) in der numerischen Reihenfolge.  Bei anderen Karten nahm er Änderungen in der Symbolik vor, beispielsweise bei  Darstellung der Karte Nr. XIX „Die Sonne“. Waite zeigt ein Kind auf einem Pferd, während auf anderen Decks immer zwei Kinder zu sehen sind. Die Karte „Die Sonne“ bildet somit einen Gegenpol zur Karte „Der Tod“ (XIII) und betont praktisch den Wiedergeburtsaspekt. Ähnlich verfuhr er mit der Karte „Der Teufel“ (XV), die in seinem Deck nun den finsteren Gegenpol zu der Karte „Die Liebenden“ (VI)  darstellt. Neu ist auch seine Gestaltung des Herrschers, weil dieser in seinem Deck frontal gezeigt wird, während er auf früheren Kartendecks (mit Ausnahme des Decks des Golden Dawn Ordens) nur von der Seite zu sehen ist. In diesem Zusammenhang wurde Waite von manchen Tarotkundigen die wissentliche und vorsätzliche Verfälschungen in der kabbalistischen und alchemistischen Bedeutung vorgeworfen, wie beispielsweise von Edgar Case. Tatsächlich ist jedoch von meiner Seite aus anzumerken, dass sein Buch „Der Bilderschlüssel zum Tarot“ so wirkt, als möchte er den nicht eingeweihten Leser zum Teil im Unklaren lassen.

Revolutionär waren Waites Darstellungen der kleinen Arkana. Waren bislang die 40 Zahlenkarten  nur mit Illustrationen der jeweiligen Farbe des Satzes sowie einer Zahl gekennzeichnet (also ähnlich der meisten Spielkarten), waren sie im Deck von Waite erstmals mit aussagekräftigen Illustrationen versehen, so dass die Bedeutung der einzelnen Karten anschaulicher und einfacher wurde. Dies ist vermutlich auch ein Grund für die ungebrochene Popularität dieser Karten, die bis heute in millionenfacher Auflage erschienen sind.  Mittlerweile besteht Grund zu Annahme,  dass sich Waite von dem Sola-Busca-Tarot inspirieren ließ; denn in diesem Deck sind nicht nur die kleinen Arkana ebenfalls anschaulich illustriert, sondern esbestehen auch Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Karten aus beiden Decks, wie beispielsweise bei den 3 der Schwertern oder 10 der Schwerter.

 Was die heutige öffentliche Tarotwelt an Waites Werken schätzt, dürfte jedoch nur ein kleiner Teil seines Schaffens sein. Noch beeindruckender, so heißt es in Insider-Kreisen, war sein Wirken im inneren Zirkel des Ordens. So soll er sämtliche Rituale seiner späteren Bruderschaft der Rosenkreuzer in Gedichtform verfasst haben – ein schwieriges, nahezu unüberschaubares Unterfangen. Darüber hinaus soll er bis zu seinem Tode sämtliche ausgefeilte Rituale für seinen Orden erarbeitet haben, deren korrekte Aufführung von den Ordensteilnehmen einen so hohen Bewusstseinsgrad erforderte, dass sie faktisch nur für ganz wenige durchführbar waren –  dies gilt übrigens nicht nur für gestern, sondern auch für heute. Gleichzeitig hat Waite nicht weniger als 46 Bücher geschrieben und 40 weitere übersetzt und herausgegeben. Dennoch sind die Biographien über Waite und sein Wirken innerhalb der „Fellowship of Rosy Cross“ eher spärlich. Manche Tarotforscher sehen die Gründe darin, weil Angehörige von Waite größtenteils noch am Leben sind und der Orden unverändert existiert.In der breiten Tarotwelt wird Waite zweifellos wegen seines Tarots gewürdigt; andere Forscher des Okkultenloben Waite für seine frühen Lévi-Übersetzungen, seine Arbeit am Tarot und seine alchimistischen Studien. Für einige „Insider“ sind das Wichtigste jedoch seine mystischen Werke. Hier noch ein Artikel über Arthur Edward Waite und sein Wirken: <a href=“http://www.tarot-germany.com/?p=1624″>Arthur Waite</a>. Die Tarotkarten von Arthur Edward Waite sind hier auf der Seite zu sehen (mit freundlicher Genehmigung von Königsfurt-Urania-Verlag): <a href=“http://www.tarotstudio.de/index.php/tarot/bedeutung-der-grossen-arkana“>Große Arkana</a>, <a href=“http://www.tarotstudio.de/index.php/tarot/bedeutung-der-stabkarten“>Stabkarten</a>, <a href=“http://www.tarotstudio.de/index.php/tarot/bedeutung-der-kelchkarten“>Kelchkarten</a>, Schwertkarten und Münzkarten.

Oswald Wirth (1860 – 1943)

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Oswald Wirth war französischer Freimaurer, Theosoph und als Sekretär des französischen Okkultisten Stanislas de Guaita tätig. Wirth gehörte dem „Kabbalistischem Orden des Rosenkreuzes“ an, der 1888 von Papus und dem Baron Stanislas de Guaita gegründet wurde. Sein von ihm gemalter Tarot erschien erstmals 1889 in Schwarzweiß und in einer limitierten Auflage gemeinsam mit dem Buch „Les 22 Arcanes Kabbalistiques“. Die Darstellung der Karten orientiert sich stark an den Marseiller Tarot  sowie an Lévis und Christians Vorstellungen. Wirth ergänzte die hebräischen Buchstaben und gestaltete das Deck esoterisch. Er verband den Tarot mit kabbalistischen, astrologischenund esoterischen Lehren, was in seinem Buch „Die Magie des Tarots“ sehr deutlich wird.

Paul Foster Case (1884-1954)

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Paul Foster Case war von 1910-1920 Ordensleiter des Golden Dawn und gründete 1922B.O.T.A als Nachfolgeorden. Er wird heute als einer der wichtigsten Tarotgelehrten bezeichnet, wobei er viele Neuerungen und Änderungen in die Tarotforschung übertrug. So übernahm er beispielsweise den Tausch der Karten VIII und XI von Waite. Case schuf einen engen Zusammenhang zwischen Tarot, Kabbala und Astrologie. Auch mit den Zuordnungen der hebräischen Buchstaben war Case nicht einverstanden: Waites Zuordnung des ersten Buchstaben Aleph begann mit dem Narren, während andere Aleph den Magier zuordneten. Case vermutete den Ursprung des Tarots in Marokko.

Frank Glahn (1895 – 1941)

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Wichtig erscheint mir auch die Erwähnung von Frank Glahn, auch wenn er heute weitgehend ignoriert wird, was sicherlich an seinen unpopulären Karten liegt. Glahn war deutscher Tarotforscher, Astrologe und Runenkundiger, der sehr von der Lehre Papus überzeugt war. So fand er im Tarot Parallelen zur Kabbala und zum alten Ägypten: <i>„Der Gnostiker sucht vermittelst der übersinnlich erkennenden Vernunft in das Wesen der Gottheit einzudringen. Tarot ist ein Zweig am Baume der Kabbala, die volle Kenntnis des Zweiges von Stamm und Wurzel ist unmöglich. Voraussagung mit Hilfe des Buches Toth, des Tarots, ist Vorerkenntnis und Voraussicht“ (aus: „Das Deutsche Tarotbuch“ von Frank Glahn). Glahn war der einzige Tarotforscher, der – trotz seiner Überzeugung vom ägyptischen Ursprung des Tarots – zusätzlich nach deutschem Gedankengut in den Karten suchte. So hegte er die Absicht, Tarot mit keltischem und germanischen Anschauungen (speziell Runen-Thematik) zu verbinden. Ob dies auf Druck des Nationalsozialismus zustande kam, wissen wir nicht. Jedenfalls publizierte er 1924 seinen eigenen „Deutschen Tarot“ mit dazugehöriger Literatur („Das deutsche Tarotbuch“), seine offizielle Begründung hierfür lautete lapidar: „Zu einem deutschen Tarotbuch gehören eben deutsche Karten“. Glahn’s Literatur wurde im Dritten Reich verboten und verbrannt. Er selbst starb vermutlich im Konzentrationslager. Diese Annahme gilt als nicht gesichert, doch wenn wir uns die Schicksale anderer Astrologen vergegenwärtigen, die im KZ starben (Karl Ernst Krafft) oder kurz vor ihrer Deportation Selbstmord begingen (Alfred Witte), dann gibt das Anlass zur Vermutung, dass Glahn ein ähnliches Schicksal ereilte. Mehr über Frank Glahn und eine Rezension über sein „Deutsches Tarot“ gibt es hier: <a title=“Das Deutsche Tarot von Frank Glahn“ href=“http://www.tarot-germany.com/?p=1484″>Das Deutsche Tarot von Frank Glahn.</a>

Hans-Dieter Leuenberger (1931 – 2007)

Anerkennung gebührt dem Autoren Hans-Dieter Leuenberger, der die Tarot mit der Kabbala verknüpfte. Seine Literatur sind weniger Nachschlagewerke und eignen sich nicht für die schnelllebige Zeit, in der man mit dem Kartenlegen sofort „loslegen“ möchte. Leuenberger war zuerst als protestantischer Pfarrer tätig, bevor er mit seinen 3 Bänden „Schule des Tarots“ erstmals tiefe Einblicke in die kabbalistischen und symbolischen Hintergründe des Tarots ermöglichte und damit einen großen Leserkreis erreichte.

Hajo Banzhaf (1949 – 2009)

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Nicht nur weil ich das Glück hatte, ihn einen Freund und Förderer nennen zu dürfen, sondern auch weil er Einzigartiges für die modernen Tarotwelt geleistet hat, gebührt ihm ein besonderer Platz im Buch meines Lebens: Hajo Banzhaf gelang es endgültig, den Tarot aus der Ecke des Obskuren herauszuholen, indem er ihn praxisbezogen und ohne jegliche Mystifizierung oder Psychologisierung erklärte.Doch nicht nur das ist ihm hoch anzurechnen, denn neben den wenigen Tarot-Gelehrten, die wir aus der Geschichte kennen, vertrat auch Hajo die Auffassung, dass der Tarot ein altes Weisheitssystem und ein Abbild unserer Welt ist – und er war das erste, der dies auch anschaulich belegen konnte, wie sein Buch„Tarot und der Lebensweg des Menschen“ (vormals „Tarot und die Reise des Helden“) belegt.

IV. Tarot heute

In der Nachkriegszeit war der Tarot noch nicht so populär wie heute, doch gab es einen kleinen, engeren Kreis an „Eingeweihten“. Ende der 1960er Jahre begann sich auch die breite Bevölkerung für den Tarot zu interessieren, verschiedene Bewegungen – die Psychologie oder die Hipie-Bewegung – trugen möglicherweise auch dazu bei, dass sich der Tarot verbreitete.

Während die 1970er Jahre psychologisch und die 1980er religiös orientiert waren, entdeckte man in den 1990 die Esoterik wieder. Und hier erlebte der Tarot eine Rückkehr. Viele Menschen versuchten, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Namhafte Autoren wie Hajo Banzhaf, Hans-Dieter Leunberger, Johannes Fiebig, Rachel Pollack und Mary Greer erschienen auf der Bildfläche. Eine regelrechte Renaissance erlebte der Tarot auch im Verkauf, denn von nun an erschienen jährlich neue Kartendecks. Auch Künstler ließen sich vom Tarot inspirieren und schufen Ihre eigenen Decks, die ihre Anhänger fanden, wie beispielsweise der Tarot von Salvatore Dalí, Hermann Haindl oder Walter Wegmüller. Aber nicht nur modernde, dem Zeitgeist entsprechende Tarotdecks erschienen, sondern auch zahlreiche ethnische  Decks, Ägyptischer Tarot, Scapini-Tarot, Aquarian Tarot.  Mittlerweile gibt es auch eine Reihe von Tarotkarten, die an das Deck von Arthur Waite angelehnt sind, wiebeispielsweise der „Morgan Greer Tarot“ oder der „Robin Wood Tarot“. Daneben wurden noch eine Reihe Karten aufgelegt, die mehr zu den Sammlerstücken gehören, weil die Illustrationen als solches reizvoll sind, obwohl die Bedeutungen der einzelnen Karten  stark von der Überlieferung abweichen oder mit einer speziellen Symbolik versehen wurden. Die Fülle an Tarotdecks und fachspezifischeer Literatur macht es für den Anfänger nicht einfach, sich einen rundlegenden Überblick zu verschaffen. Die Frage ist allerdings nicht, ob solche exotischen Decks „besser“ oder „schlechter“ sind als die traditionellen Karten; es geht vielmehr darum, die Symbolik zu verstehen und die archetypischen Hintergründe nachvollziehen zu können.

Ab der Jahrtausendwende schien sich das Bild des Tarots nochmal zu wandeln. Nicht die ausführliche Beratung, die der Selbsterkenntnis dient, stand weiterhin im Vordergrund, sondern die schnelle Problemlösung. Diverse TV-Programme demonstrierten, was Tarot eigentlich nicht ist. Doch hier scheint sich wieder ein Kreis zu schließen: Bei jenen, die sich ernsthaft mit Symbolik sowie archetypischen Hintergründen auseinandersetzen, und darüber hinaus Tarot nicht nur als Instrument zu Wahrsagerei betrachten, sondern ihn als uraltes Weisheitssystem und zu schätzendes Kulturgut begreifen, handelt es sich erneut um einen kleinen Kreis an „Eingeweihten“.

V. Lesenswertes zum Thema

 Tarotgeschichte und historische Karten:  

Susanne Zitzl: „Das Visconti Tarot“

Stuart Kaplan: „The Eincyclopedia of Tarot“ (Vol. 1- 4)

Praxisbezogener Tarot / Kartenlegen:

Hajo Banzhaf und Susanne Zitzl: „Der verborgene Blick – Das Vice Versa Tarot“

Hajo Banzhaf: “Der nächste Schritt”

Rachel Pollack: „Tarot Wisdom“ (es empfiehlt sich, das Original auf Englisch zu lesen)

Vertieftes Tarotwissen:

Hajo Banzhaf: „Tarot und der Lebensweg des Menschen“ (früher  „Tarot und die Reise des Helden“)

Hans-Dieter Leuenberger: „Schule des Tarot“ Band I – III